Pro und Contra Elektroauto:
Was ist Lüge, was stimmt?

Immer öfter begegnen uns E-Autos im Straßenbild. Sie sind chic, flott und in allen Größen zu haben. Aber Mythen und veraltete Vorstellungen über Elektromobilität schüren auch die Skepsis: lange Lade­zeiten, zu wenig schnelle Lade­säulen, nicht genug Reich­weite, Anschaffungs­kosten zu hoch … Sind das Vorurteile oder ist da was dran? Es wird Zeit, die Zweifel und die Fakten­lage ein­mal genauer zu prüfen.

Weil es viel zu checken gibt, haben wir das Thema in zwei Blog-Beiträge auf­geteilt. Diesmal geht es ums Thema Laden und die Alltags­tauglichkeit. Fort­setzung folgt.

Ist die Reichweite vom E-Auto zu gering?

Zu Beginn des E-Auto-Zeit­alters wurde für das schlechte Gefühl, mit leerem Akku liegen­zubleiben, ein Wort erfunden: „Reich­weiten­angst“. Was ist da dran? Gilt das heute noch?

Wie weit kommt ein E-Auto?

Laut Statistik des Kraft­fahrzeug­bundes­amts legten deutsche Auto­fahrer*innen 2021 im Schnitt 12.800 Kilometer mit dem eigenen Pkw zurück. Rein rechnerisch wurde jedes Auto also nur 35 Kilo­meter am Tag bewegt. Das im ersten Halb­jahr 2022 am meisten verkaufte E-Auto in Deutschland, der Fiat 500 Elektro, kommt da­gegen nach Angabe des Her­stellers mit voller Batterie (bis 42 kW) 320 Kilometer weit, im Stadt­verkehr sogar noch weiter. Denn Kurz­strecken haben beim E-Auto keinen Ein­fluss auf Verbrauch und Verschleiß, sie verzögern durch den Motor. Der fungiert dann als Gene­rator und gewinnt Energie zurück, er „rekuperiert“. Darum sind E-Autos grade für Pend­ler ideal. Zudem braucht man mit Stromern keine Angst vor Innen­stadt­sperren haben, denn sie produ­zieren weder CO2 noch Fein­staub.

Ist die Ladezeit beim E-Auto zu lang?

Unter­wegs tanken ist beim E-Auto erst mal anders. An den meisten öffent­lichen Lade­stationen mit 22 kW beträgt die Lade­dauer zwei bis vier Stunden. An Schnell­lade­säulen, die meist an Auto­bahnen stehen, laden E-Autos mit über 50 kW Gleich­strom – und die Batterie ist in 30 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt. High Power Charger bieten sogar bis zu 150 kW oder 350 kW. Daran lädt man den Akku zur Weiter­fahrt in wenigen Minuten. Allerdings gibt es erst wenige Autos, die diese Leistung auch verkraften können und das sind eher die teuren Flagg­schiffe der Auto­bauer. Es gibt aber immer mehr Modelle, die mit mehr als 70 bis zu 110 kW laden können, so der ADAC. Zur Schonung der Batterie sollte man aber nur dann schnell laden, wenn es wirklich erforderlich ist. Ein dritter Faktor ist die Kapa­zität des Akkus: Je größer sie ist, desto länger ist die Lade­zeit und desto weiter kann man mit einer Füllung fahren. Es stimmt also: wer es bisher gewohnt war, zum Tanken kurz an den Straßen­rand zu fahren, der muss sich mit einem E-Auto erst einmal um­stellen.

 

 

Aber seien wir mal ehrlich:

Meistens fahren wir kurze Strecken und das Auto steht hauptsächlich herum. Im Ideal­fall wird das Elektro­auto dann in der eigenen Garage oder im Car­port auf­geladen. Dort bleibt es viele Stunden am Stück, sodass längere Lade­zeiten kein Problem sind. Zum Übernacht­laden genügt in der Regel eine Wall­box mit bis zu 11 kW Lade­leistung, damit ist jedes E-Fahrzeug am nächsten Morgen start­klar. Übrigens haben auch Mieter*innen und Wohnungs­eigentümer*innen ein Anrecht darauf, eine private Wall­box an ihrem Stell­platz zu installieren.

Zu Hause laden an der Wallbox

E-Auto und Urlaub: geht das?

Fakt ist: Auf der Lang­strecke stoßen E-Autos oft noch an ihre Grenzen. Im herkömm­lichen Pkw reist man in den Urlaub, ohne vorher groß nachzudenken. Mit einem lang­strecken­tauglichen E-Auto kann man im Prinzip genauso unbesorgt los­fahren – und viele aktuelle Modelle haben mittler­weile größere Akkus und damit höhere Reich­weiten. Auch die eingebaute Schnell­lade­technologie wird immer besser und die serien­mäßigen Navis bei neueren Modellen kennen jederzeit die Reich­weite des Fahrzeugs und planen die Lade­stopps auto­matisch mit in die Reise­route ein.

Nach der Definition des ADAC gelten Elektro­autos übrigens dann als lang­strecken­tauglich, wenn sie bei einem 30-minütigen Tank­stopp Strom für 200 Kilometer nachladen können. Das trifft für Akkus mit einer Kapazität ab etwa 60 kWh und Lade­leistungen ab rund 100 kW zu.

Und wie sieht’s mit Pannen aus? Der ADAC musste 2021 zwar deutlich häufiger ausrücken als im Vorjahr, um E-Autofahrer*innen zu helfen. Laut dem Auto­mobilclub dürfte das aber vor allem an den stark gestiegenen Zulassungs­zahlen liegen. Spezifische Elektro­auto-Bauteile wie Akku, Elektro­motor oder Lade­technik waren dennoch selten für die Pannen verant­wortlich.

 

Gibt's zu wenig Schnell­ladestationen?

 

Es stimmt: Wenn man verreisen möchte oder keine Lade­möglichkeit zu Hause hat, braucht man Schnell­lade­stationen, an denen man den Akku flott auf­laden kann. An Autobahn­raststätten oder an viel­frequentierten Punkten wie zum Beispiel auf Supermarkt­park­plätzen sind Schnell­lader noch eher Mangel­ware. Hier sind Bund, Länder und Netz­betreiber in der Pflicht. Aber genauso gilt: Wer seinen Stromer zu Hause lädt, muss nur noch selten öffentlich Strom tanken.

Hier geht's zur Schnell­ladestation

So fördert der Bund den Kauf eines E-Autos

Bei den Mobili­täts­kosten kann man eine Menge sparen, etwa mit vergünstigtem Öko-Lade­strom für die private Wall­box . Laut finanztip.de lohnt der sich ab rund 14.000 gefahrenen Kilo­metern im Jahr. Noch preis­werter wird es mit Energie aus der eigenen Photo­voltaik-Anlage.

E-Autos werden stark subventioniert

Beim Kauf eines reinen E-Fahr­zeugs mit einem Netto­listen­preis unter 40.000 Euro zum Beispiel gibt es derzeit mit dem Umwelt­bonus, Innovations­prämie und dem Hersteller­anteil noch eine Förderung in Höhe von bis zu 9.000 Euro.
2023 sinkt der Bundes­anteil der Förderung auf 4.500 Euro (vorher: 6.000 Euro).
Außer­dem zahlt man bei einer Zulas­sung für reine E-Autos für zehn Jahre keine Kfz-Steuer.

Hier geht es zur Bafa-Förderung.

Im Betrieb sind die Stromer dann deutlich günstiger. Das geht los bei den Werk­statt­kosten: E-Autos brauchen keinen Öl­wechsel und haben kaum Bremsen­verschleiß, da sie allein durch den Motor stark verzögern. Sie bestehen zudem aus weniger Teilen, da kann auch weniger kaputt gehen.

 

Heizung an, dann Stau: Das schafft das E-Auto nicht!

Tipp: Im Winter steht das E-Auto nachts am besten in der Garage, damit die Batterie nicht zu sehr aus­kühlt. Ideal, wenn es dort eine Wall­box gibt. Denn dann können viele Modelle per App schon beim Laden mit Strom aus dem Netz vorge­wärmt werden.

Ach ja: Beleuchtung, Radio, Navigation und Multi­media wirken sich nicht so stark auf die Reich­weite von E-Autos aus.

Auch im Stau sind E-Autos eine gute Alternative

Wer’s im Winter im Auto gern warm hat, verbraucht erst mal viel Batterie­strom und verringert damit Reich­weite. Denn die effizienten E-Motoren erzeugen keine Abwärme, die zum Heizen genutzt werden könnte. Die molligen Tempera­turen dann zu halten, ist dagegen nicht sehr energie­aufwendig. Doch das Thema wird angegangen. Moderne E-Autos, die den Innen­raum meist mit einer Wärme­pumpe beheizen (und im Sommer auch kühlen), benötigen bei Minus­graden nur etwa 0,5 bis 1 kW für konstante 22 Grad, hat der Automobil­club ACE  berechnet. Rein hypo­thetisch ließe sich mit einem 50-kWh-Akku selbst ein 50- oder 100-stündiger Mega­stau durch­stehen, ohne zu frieren. Trotz­dem gilt: Bei längeren Autobahn­fahrten im Winter sollte man immer 25 Prozent Restreich­weite als Puffer einplanen, rät der Autoclub.

Elektroautos sind zu leise und eine Gefahr für Fußgänger!

Es stimmt: E-Autos sind sehr leise und wurden anfäng­lich oft „über­hört“. Seit dem 1. Juli 2021 müssen neue Elektro- und Hybrid-Fahr­zeuge darum bis Tempo 20 km/h künst­lich erzeugte Warn­geräusche von sich geben, damit Fuß­gänger*innen oder Fahrrad­fahrer*innen sie besser hören. Ab Tempo 20 km/h sind die Reifen­geräusche laut genug, um gehört zu werden. Und grund­sätzlich ist es doch toll: Die Stromer machen viel weniger Lärm als Diesel oder Benziner und sorgen für leisere Töne in der Stadt.

E-Autos sind leise - und machen bei geringer Geschwindigkeit darum künstliche Geräusche

E-Autos überzeugen: Pro schlägt Contra!

Vor allem für kurze und mittlere Strecken zeigen E-Autos großes Potenzial. Denn dann stellt sich das Problem mangelnder Reich­weite und Lade­infra­struktur für viele Auto­fahrer*innen gar nicht erst, weil sie ihr Fahr­zeug zu Hause (oder gar beim Arbeit­geber) auf­laden können. Grund­sätzlich gilt also: Die Elektro­mobilität hat die Alltags­tauglich­keit erreicht.


Im zweiten Teil unseres Fakten­checks (ab 12. Oktober 2022 online) widmen wir uns der Öko­bilanz der E-Autos und den Heraus­forderungen der Mobilitäts­wende. Bleiben Sie dran!

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