Warum schwimmende LNG-Terminals?
Das erste Terminal in niedersächsisches Wilhelmshaven wurde in weniger als 200 Tagen fertiggestellt und ging im Dezember 2022 in den Probebetrieb. Hier wird das Terminalschiff „Höegh Esperanza“ als FSRU genutzt. Seit Mitte Januar 2023 liefert es täglich Flüssigerdgas mit einer Kapazität von etwa 155 Gigawattstunden via Pipeline an den Gasspeicher Etzel in Ostfriesland.

Im Unterschied zu den meisten EU-Küstenstaaten hatte Deutschland bis vor Kurzem noch gar keine Importterminals für Flüssigerdgas. Doch mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Lage schlagartig geändert. Zu dem Zeitpunkt wurden noch 55 Prozent des deutschen Bedarfs mit Pipelinegas aus Russland gedeckt – eine Abhängigkeit, welche die Politik zum sofortigen Handeln zwang. Um möglichst schnell eine LNG-Infrastruktur aufzubauen, setzt die Bundesregierung auf schwimmende Terminals mit sogenannten „Floating Storage and Regasification Units“ (kurz: „Floating Units“ oder FSRU). Das sind spezielle Charterschiffe, die das Flüssigerdgas der Tanker aufnehmen, speichern und regasifizieren können.
Wo werden die LNG-Terminals in Deutschland errichtet?
Mit schwimmenden LNG-Terminals soll die Erdgas-Versorgung schnellstmöglich von russischen auf andere Lieferquellen umgestellt werden. Fünf solcher Charter-Schiffe (FSRU) hat sich die Bundesregierung nach eigener Angabe gesichert. Neben dem bereits im Einsatz befindlichen Terminal in Wilhelmshaven (ein zweites soll dort Ende 2023 entstehen) sowie der durch ein privates Konsortium betriebenen Floating Unit in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) sind zwei weitere in Brunsbüttel und in Stade geplant. Ab Winter 2023/2024 soll bereits bis zu einem Drittel des deutschen Erdgasbedarfs mit den schwimmenden LNG-Terminals gedeckt werden. Ende Februar wurde bekannt, dass auch vor der Ostseeinsel Rügen ein LNG-Terminal mit zwei Plattformen entstehen soll. Der Baubeginn ist für Mai geplant. Im „LNG-Beschleunigungsgesetz“ ist bislang jedoch noch keine Möglichkeit vorgesehen, Offshore-Terminals vor Rügens Küste zu errichten.

Pipelines und Erdgasspeicher weiterhin wichtig
Deutschland wird in naher Zukunft noch sehr viel Gas brauchen – und Pipelinegas daher wichtiger Baustein unserer Gasversorgung bleiben. Die Importeure führen jetzt vermehrt Erdgas über Rohrleitungen aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien ein. Ein kleinerer Anteil kommt zudem aus heimischen Gasquellen. Dank dieser Importe sowie der Sparsamkeit von Haushalten und Wirtschaft waren die deutschen Erdgasspeicher bereits im November 2022 zu 100 Prozent gefüllt – trotz des russischen Lieferstopps. Zum meteorologischen Frühlingsbeginn 2023 wurden immer noch Füllstände von knapp 70 Prozent gemessen.
Deutschland besitzt die größten Lagerkapazitäten in Europa. In den 47 Erdgasspeichern können unter Tage 24 Milliarden Kubikmeter gelagert werden. Diese Reserven gleichen die tages- und jahreszeitlichen Schwankungen beim Gasverbrauch aus und bilden zugleich einen preisdämpfenden Puffer für den Markt. Der Import von Flüssigerdgas wird die Versorgungssicherheit in Deutschland noch einmal deutlich verbessern.

Diversifizierung: Schlüssel zur Energiesicherheit
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Energieversorgung breiter aufzustellen, um sich nicht von einzelnen Lieferländern abhängig und damit erpressbar zu machen. LNG-Importe sind eine – wenn auch vergleichsweise kostenintensive – Möglichkeit, mit mehr Lieferanten in verschiedenen Ländern zu kooperieren, um das Risiko von Lieferausfällen für die deutsche Gaswirtschaft zu streuen. Denn Flüssigerdgas kann weltweit transportiert werden und ermöglicht so den Handel mit internationalen Partnern, die via Pipeline kein Gas nach Deutschland schicken können.
Feste LNG-Terminals sollen „Green Gas Ready“ sein
Von 2025/2026 an sollen drei feste LNG-Häfen an Land in Wilhelmshaven, Stade (beide Niedersachsen) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) die Floating Units ablösen. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen diese zudem schon „Green Gas Ready“ sein. Das heißt, dass dort anstelle von fossilem Erdgas zukünftig auch grüner Wasserstoff sowie andere erneuerbare Gase anlanden könnten. Dazu wären allerdings erhebliche technische Anpassungen nötig, so das Fazit einer Studie des Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe. Die spätere Umrüstung von Teilen der Flüssigerdgas-Terminals sei zwar möglich, aber nur, wenn diese Option schon bei der Planung mitberücksichtigt würde.
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