Mythen zur Elektromobilität Teil 2:
Was ist Lüge, was stimmt?

Umwelt­sünder oder Umwelt­retter: Wo kann man das E-Auto ein­ordnen? Während eine wachsende Zahl von Auto­fahrer*innen die Abkehr vom Verbrennungs­motor öko­logisch für zwingend not­wendig hält, reden Skeptiker*innen Elektro­autos schlecht. Nach­dem wir uns im Westfalica-Magazin mit Mythen rund um das emotional aufgeladene Thema E-Mobilität befasst haben, checken wir nun die Öko-Bedenken gegenüber Autos mit Elektro­antrieb und schauen uns die Fakten­lage genauer an.

Sind die Batterien der E-Autos eine Umweltsünde?

Bis 2025 will die EU die Batterie-Verwertungsquote auf zunächst 90 Prozent steigern.

Diskussionspunkt E-Batterie

Fakt ist: Die Herstellung der Antriebsbatterie verursacht sehr viel CO2. Eine entscheidende Rolle für die Umweltbilanz spielt dabei einerseits ihre Größe und andererseits, ob sie (wie heute noch zumeist) in Fernost hergestellt wird oder in Europa, mit einem viel geringeren Anteil an Kohlestrom im Strommix. Aber auch die Herstellung fossiler Treibstoffe verursacht Emissionen.

Lithium-Ionen-Batterien halten länger durch als bisher angenommen; sie zu recyclen ist wiederum kompliziert und rechnet sich derzeit noch kaum. Doch das wird sich nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung bald ändern: schon 2030 fallen dann allein in der EU 2,3 Megatonnen ausgemusterter Fahrzeugbatterien an. Darum erhöht Brüssel den Druck: Bis 2025 soll die Batterie-Verwertungsquote auf zunächst 90 Prozent steigen. Die enthaltenen Rohstoffe wie Lithium, aber auch Nickel, Kupfer und Aluminium sollen lokal recycelt und in europäischen Fabriken damit neue Batterien hergestellt werden. Der Bedarf ist da, denn laut den Fraunhofer-Forscher*innen werden in der EU bis 2030 etwa 2,5 Megatonnen Neubatterien gebraucht.

Ist die CO2-Bilanz beim E-Auto schlechter als beim Verbrenner?

Schon bei der derzeitigen Stromzusammensetzung in Europa stößt ein mittelgroßes E-Auto über die Lebensdauer mehr als zwei Drittel (66 bis 69 Prozent) weniger schädliche Treibhausgase aus als ein vergleichbarer Verbrenner.

Der Energiemix ist am Ende entscheidend.

Die Öko­bilanz von E-Autos ist nicht so ein­deutig, wie gedacht, denn grund­sätzlich müssen die erzeugten Emissionen eines Autos von der Herstellung bis hin zum Ab­wracken oder Re­cycling betrachtet werden. Studien zur Gesamt-Umwelt­bilanz der verschiedenen Antriebe gibt es mittler­weile einige. Sie lassen sich jedoch nur schlecht vergleichen, da sie je nach Auftrag­geber*in von unterschiedlichen Grund­annahmen und Rahmen­bedingungen ausgehen. Fest steht aber: Damit der Verkehr lang­fristig klima­neutral wird, braucht es viel mehr erneuer­baren Strom. Hier liegt das größtes Öko-Potenzial der E-Mobilität. Das ergab auch eine inter­nationale Studie der gemein­nützigen Organi­sation „Inter­national Council on Clean Transpor­tation“ von 2021.

Gibt's genug Strom für so
viele E-Autos?

Der zusätz­liche Strom­bedarf durch E-Autos wird häufig über­schätzt. Eine Prog­nose des Bundes­umwelt­ministe­riums (BMUV) zeigt: Führen die aktuell rund 45 Millionen Pkw auf deutschen Straßen weit­gehend elek­trisch, wären dafür gut 100 Tera­watt­stunden (TWh) Strom im Jahr nötig. Das sei etwa ein Sechstel dessen, was Deutsch­land pro Jahr insge­samt an Strom verbraucht. Schon im Jahr 2021 haben die Erneuer­baren in Deutsch­land 233,6 TWh Strom erzeugt, also mehr als doppelt so viel wie der Bedarf einer komplett elektri­fizierten Fahrzeugf­lotte.

Wallbox an einer Hauswand

Will Deutsch­land aber seine ehr­geizigen Klima­ziele erreichen, braucht es einen massiven Zubau an erneuer­baren Erzeugungs­kapazitäten, damit der Primär­energie­bedarf zurück­geht. Das ist gut fürs Klima und senkt unsere Abhängig­keit von fossilen Energie-Importen.

Und was ist mit dem Stromnetz?

Das Problem ist nicht die reine Strom­menge, eher dessen Verteilung. Wenn immer mehr E-Autos zu Hause an der Wallbox oder an öffent­lichen Ladesäulen „aufge­tankt“ werden, führt das zu einer veränderten Belastung des Strom­netzes mit zeit­weisen Last­spitzen. Hier sind in Zukunft smarte Lade­lösungen für den privaten Bereich gefragt. Beim intelli­genten Lade­management bezieht man grünen Strom immer dann, wenn Überschüsse verfügbar sind, zum Beispiel von der eigenen PV-Anlage. So würden Elektro­autos flexibel als Zwischen­speicher genutzt und damit zum stabili­sierenden Teil eines intelli­genten Stromnetzes („Vehicle to grid“). Schon heute bieten örtliche Netz­betreiber günstigere Netz­entgelte an, wenn sie den Strom­bezug der Wall­box in Spitzen­last-Zeiten aus­setzen dürfen. Dazu müssen die E-Mobilist*innen einen Strom­vertrag nur für ihr Auto ab­schließen und einen sepa­|raten, unterbrech­baren Strom­zähler erlauben.

Ist es gefährlicher, wenn E-Autos brennen?

Übrigens: Von 100.000 neu zuge­lassenen Elektro­autos geraten statistisch gesehen 25 in Brand. Deutlich höher liegen die Zahlen bei konven­tionellen Autos mit 1.530 Bränden pro 100.000 und Hybriden mit 3.475 Bränden pro 100.000. Die Zahlen aus 2022 stammen vom Versicherer Auto­insuranceEZ aus den USA.

Ein brennendes Auto ist immer eine Herausforderung.

Hinsichtlich der größten Ängste konnten Schweizer Forscher*innen der Eid­genös­sischen Material­prüfungs- und Forschungs­anstalt (Empa) Ent­warnung geben: Wenn ein E-Akku in Flammen aufgeht, sieht das zwar äußerst spekta­kulär aus, wie sie ein­drücklich in einem YouTube-Video zeigen. Doch hinsichtlich der Hitze­entwicklung sei der Brand nicht gefährlicher als bei einem Auto mit konventio­nellem Antrieb. Das haben sie Ende 2019 in mehreren Szena­rien getestet. Auch im Tunnel würden nicht mehr Gifte in der Luft frei­gesetzt als bei einem brennenden Pkw, der mit Kraft­stoff unter­wegs ist. In den Versuchen der Empa blieben auch die Konzen­trationen der stark ätzenden und toxischen Fluor­wasserstoff­säure unter dem kritischen Bereich.

Und Feuer­wehren wissen längst, dass man die Batterie eines E-Autos nicht löschen, sondern nur mit großen Mengen Wasser (bis zu 10.000 Liter) kühlen kann. So soll verhindert werden, dass das Feuer auf weitere Batterie­zellen über­greifen kann. Anschließend muss man ein solches Auto­wrack für längere Zeit in einem Wasser­becken oder Spezial­container aufbe­wahren, damit der Akku sich nicht erneut entzünden kann. Da das Kühl­wasser chemisch belastet ist, darf es nicht über die Kana­lisation entsorgt werden. Auch der Bran­dort muss nach dem Lösch­einsatz profes­sionell gereinigt werden.

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